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Peter Ablinger: HÖREN / LISTENING (2006), Weiss /Weisslich o. Nr.


Über "Hören"

Das Stück "hören" scheint sich nicht wirklich von Max Neuhaus' "Listen" (1966) zu unterscheiden. Das scheint nur so. Max Neuhaus selbst sieht es so: "Als Schlagzeuger war ich daran beteiligt, Alltagsgeräusche nach und nach in die Konzertsäle zu bringen. Das begann mit Russolo und führte über Edgar Varèse zu John Cage, der Livegeräusche von der Straße direkt in den Saal übertrug. (...) Ich war daran interessiert einen Schritt weiterzugehen. Warum sollte das Zuhören auf den Konzertsaal beschränkt bleiben? Sollte man nicht, statt diese Geräusche in den Saal zu bringen, viel eher das Publikum nach draußen holen - eine Demonstration vor Ort?" (zit. nach "Welt auf tönernen Füßen", Göttingen 1994, S.125) Zu ergänzen wäre an dieser kurzen Geschichte des Zuhörens vielleicht, dass Russolo selbst auch bereits städtische Hörspaziergänge vorgeschlagen hat. Aber egal ob Russolo, Varèse, Cage oder Neuhaus - es geht ihnen allen um die Geräusche als der Alternative zu instrumentalen Klängen. Es geht ihnen um die Geräusche. Dagegen "hören" meint nicht das was gehört werden soll (das Objekt), sondern den Hörvorgang selbst, bzw. den Hörer im Moment des Zuhörens. Wenn das kein Unterschied ist...?!

Ergänzend wäre nur noch auf die grammatikalische Differenz hinzuweisen: der Imperativ bei Max Neuhaus ("...Mich interessierte der Imperativ, den 'Listen' ausdrückt...", dass. S.125) und der schlichte Infinitiv "Hören", der wohl mit "Listening" zu übersetzen wäre (- worin auch die substantivierte Form des Verbs erhalten bleibt in welcher der Vorgang gewissermaßen zum Zustand, zur Skulptur wird). Das verwandte "Denken, hören, da capo" macht den Unterschied vielleicht noch klarer und kann gleichzeitig als Vorübung zu "Hören" verstanden werden. Ein Mantra oder Gebet fast. Man/frau soll es tun und sich des Unterschieds zwischen denken und hören bewusst werden, der unterschiedlichen Weise, sich in der Welt zu befinden je nach dem ob wir - so wie zu 99% des Tages - in unseren Gedanken gefangen diese Welt zumeist nur überhören, oder ob wir uns - hörend - in ihr nicht nur be-finden sondern gewissermaßen auch wieder-finden.


Peter Ablinger: HÖREN / LISTENING (2006), Weiss /Weisslich o. Nr.

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impressum \ this page was created by Aljoscha Hofmann \  last edited 20.11.2006 CET